Geologische Tiefenlager

Die Einlagerung in Gesteinsschichten tief unter der Erdoberfläche gilt weltweit als sicherste anerkannte Lösung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle. Auch das schweizerische Gesetz schreibt die  geologische Tiefenlagerung vor.

Im Jahr 1999 setzte das Eidgenössische Departement für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation (UVEK) die Expertengruppe «Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle» (EKRA) ein. Diese erhielt den Auftrag, Grundlagen zu erarbeiten, um die zur Debatte stehenden Entsorgungskonzepte für die radioaktiven Abfälle der Schweiz zu vergleichen. Die EKRA kam in ihrem Bericht vom Januar 2000 zum Schluss, dass einzig die geologische Tiefenlagerung den erforderlichen langfristigen Schutz von Mensch und Umwelt gewährleisten kann. Sie entwickelte deshalb das Konzept der «kontrollierten geologischen Langzeitlagerung». Dieses verbindet die Endlagerung mit der Möglichkeit der Rückholung und damit mit der Reversibilität. Vor dem Verschluss des Lagers sieht das Konzept dem Prinzip der Überwachbarkeit folgend unter anderem eine längere Beobachtungsphase sowie den Betrieb eines Pilotlagers vor. Das EKRA-Konzept wurde im Kernenergiegesetz verankert.

Ein geologisches Tiefenlager ist eine Anlage im Untergrund, in welcher radioaktive Abfälle dauerhaft eingelagert und sicher eingeschlossen werden können. Es gewährleistet den Schutz von Mensch und Umwelt über lange Zeit vor den radiologischen Gefahren, die von den radioaktiven Abfällen ausgehen, ohne dass langfristig menschliches Zutun nötig wäre (passive Sicherheit). Technische und natürliche Barrieren verhindern das Austreten von Radioaktivität aus einem geologischen Tiefenlager. Die Abfälle werden bei der Einlagerung dicht in Lagerbehälter verschlossen und diese vollständig von Verfüllmaterial umgeben. Diese beiden Komponenten dienen zusammen als technische Barriere. Die umgebende dichte Gesteinsschicht des Wirtgesteins bildet die natürliche Barriere.

Nebst den Lagerfeldern zur Einlagerung der Abfälle umfasst ein geologisches Tiefenlager noch weitere Anlagenteile im Untergrund, wie das Pilotlager, die Testbereiche und Infrastrukturbauten, die den sicheren Betrieb bis zum Verschluss des Lagers ermöglichen. Auch an der Oberfläche braucht es Infrastrukturen, beispielsweise zur Abfalllogistik, zur Ver- und Entsorgung, für Personentransporte und Notfallinterventionen, für den Betriebsunterhalt, für die Administration und die Verkehrserschliessung. Zugangsbauwerke (Rampen oder Schächte) verbinden die Oberflächenanlagen mit den Bereichen des Lagers im Untergrund.

Da die Ansprüche an die Tiefenlagerung und an die Sicherheit (z. B. bezüglich der Barriereneigenschaften oder des Nachweiszeitraums) von HAA und SMA unterschiedlich sind, sieht das Schweizer Entsorgungskonzept, in Übereinstimmung mit der internationalen Praxis, getrennte Lager für HAA und SMA vor (die geringe Menge an ATA wir einem der beiden Lagertypen zugeteilt). Sofern es das Platzangebot und die Sicherheit zulassen, kann auch an einem einzigen Standort ein Tiefenlager realisiert werden, das zwei voneinander getrennte Lagerteile für SMA und HAA umfasst (Kombilager). Die Nagra hat ein Rahmenbewilligungsgesuch für ein Kombilager am Standort Nördlich Lägern eingereicht.

Geologische Tiefenlager - Bild 1 d
Konzept für den Bau eines Tiefenlagers. Quelle: Nagra

Testbereiche

Die Testbereiche sind ein eigenständiger Teil eines geologischen Tiefenlagers. Darin werden die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Wirtgesteins oder der technischen Barrieren vertieft untersucht. Weiter werden Techniken zur Einlagerung oder Rückholung der Abfälle und zur Verfüllung und Versiegelung der Bauwerke erprobt. Die Testbereiche erlauben es, die dort vorgesehenen Untersuchungen und Nachweise unter denselben Bedingungen durchzuführen, wie sie im nahegelegenen Lagerbereich herrschen werden.

Pilotlager

Das Pilotlager ist ein eigenständiger, vom Hauptlager abgetrennter Teil des geologischen Tiefenlagers. Darin wird eine repräsentative Menge an radioaktivem Abfall unter denselben Bedingungen wie im Hauptlager eingelagert. Das Pilotlager wird mit Systemen zur Überwachung ausgestattet, so dass das Verhalten der Abfälle, der Verfüllung und des Wirtgesteins bis zum Ablauf der Beobachtungsphase aufgezeichnet und nachvollzogen werden kann. Im Hauptlager hingegen findet keine Überwachung statt. Sollten sich aus der Überwachung des Pilotlagers sicherheitsrelevante Erkenntnisse über die Entwicklung der Abfälle oder der Sicherheitsbarrieren ergeben, so können entsprechende Massnahmen für das ganze Lager eingeleitet werden.

Wirtgestein

Europaweit werden für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in geologischen Tiefenlagern Kristallin-, Ton- und Salzgesteine in Betracht gezogen. Jeder Gesteinstyp und jedes Wirtgestein haben ihre Vor- und Nachteile. Das Wirtgestein muss zusammen mit den eingebauten technischen Barrieren und einem langfristig geologisch stabilen Standort die für die vorliegenden Abfälle spezifische Sicherheit garantieren. Dabei werden das Lagerkonzept und die Lagerauslegung spezifisch auf die Eigenschaften des Wirtgesteins abgestimmt.

Umfangreiche Abklärungen im Rahmen der Etappe 1 des Sachplans geologische Tiefenlager haben ergeben, dass in der Schweiz die tonreichen Sedimentgesteine (Opalinuston, «Brauner Dogger» und Effinger Schichten im Juragebirge und die Mergel-Formationen des Helvetikums in den Alpen) die strengen Anforderungen am besten erfüllen. Kristallingesteine sind spröde und daher in der von der Auffaltung der Alpen geprägten Schweiz zu stark von Brüchen und Klüften durchzogen, so dass auch in grosser Tiefe Wasser zirkuliert. Die Salzgesteine in der Schweiz sind in ihrer Ausdehnung zu geringmächtig und werden, wenn sie nahe an der Oberfläche gelegen sind, als Rohstoff abgebaut. Salzdome wie zum Beispiel in Norddeutschland gibt es in der Schweiz nicht.

Beobachtungsphase und Verschluss

Nach Abschluss der Einlagerung der Abfälle bis zum endgültigen Verschluss eines geologischen Tiefenlagers ist eine längere Beobachtungsphase vorgesehen. Während dieser wird das Tiefenlager weiter überwacht und die radioaktiven Abfälle können, wenn nötig, ohne grossen Aufwand zurückgeholt werden. Die unterirdischen Lagerbereiche werden zu diesem Zeitpunkt sicher verschlossen sein. Zumindest der Zugang zur Lagerebene und zu den Kontrollstollen des Pilotlagers bleibt aber für die Dauer der Beobachtungsphase noch möglich. Das UVEK legt die Dauer der Beobachtungsphase nach Abschluss der Einlagerung fest. Als Planungsannahme geht man heute von einer Beobachtungsphase von rund 50 Jahren aus, die effektive Dauer wird dann jedoch nach der Notwendigkeit und dem Bedarf bestimmt werden.

Langfristig muss das Lager passiv – d. h. ohne menschliche Fürsorge – sicher sein. Der Bundesrat ordnet nach Ablauf der Beobachtungsphase die Verschlussarbeiten an, sofern der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist. Dann werden sämtliche noch offenen unterirdischen Teile der Anlage verfüllt werden und das Tiefenlager sich selbst überlassen. Der Bundesrat kann nach dem Verschluss eine weitere Überwachung anordnen oder eine Umweltüberwachung durchführen.

Dokumente

Faktenblätter

Entsorgungskonzept

Symposium

FAQ

TEST-VERSION - FAQ Abraxas

Wird das Lager verschlossen oder müssen die Abfälle rückholbar sein?

Wird es ein End- oder ein Zwischenlager? Ist die Rückholbarkeit gewährleistet?

Wie lange muss die Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle aus einem geologischen Tiefenlager laut Gesetz gewährleistet sein?

Warum werden die radioaktiven Abfälle nicht in den stillgelegten Bunkern des Schweizer Reduits in den Alpen gelagert?

Das oder die Tiefenlager? Braucht es ein Lager oder zwei?

Wie wissen wir, ob die Entscheidung für ein geologisches Tiefenlager standhält?

Welche Rolle spielt die Geologie beim Standortentscheid?

Welche Rolle spielt die Geologie bezüglich Sicherheit?

Wird die Geologie durch unabhängige internationale Gutachten geprüft?

Wieso wird im Sachplan vorwiegend nach geologischen Gesichtspunkten gewichtet, gesellschaftliche Risiken/Kriterien fliessen aber weniger ein?

Wie und wo wird der Aushub für den Bau von Lager, Tunnels und Schächten gelagert?

Wie werden die Anlagen erschlossen? Mit wie viel Mehrverkehr und Immissionen aller Art ist zu rechnen?

Beim Bau eines Tiefenlagers werden womöglich über 20 Hektaren Land gebraucht. Teilweise sind dies Fruchtfolgeflächen. Was bedeutet das?

Kann der Flächenverbrauch optimiert werden?

Ist eine Bewertung der Sicherheit über eine Million Jahre möglich? Besteht ein Restrisiko?

Welche Garantie gibt es, dass die Sicherheit oberste Priorität hat?

Was geschieht, wenn sich während der Bau- oder Betriebsphase zeigt, dass der Standort doch nicht geeignet ist?

Wie wird das Lager über einen extrem langen Zeitraum gesichert? Welche Dokumentation und welche Handlungsmöglichkeiten sind für die Zeit nach der Versiegelung vorgesehen?

Wie werden das Grundwasser und das Tiefengrundwasser (thermische Quellen) geschützt?


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Letzte Änderung 07.11.2024

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