Gemäss Kernenergiehaftpflichtgesetz (KHG) haftet der Betreiber unbegrenzt für Nuklearschäden, die durch den Betrieb seiner Anlage oder durch damit zusammenhängende Transporte von Kernmaterial entstehen. Für Schaden im Zusammenhang mit Kernmaterialien im Transit haftet der Inhaber der Transportbewilligung.
Haftung
- Gefährdungshaftung
Das KHG sieht eine strenge Gefährdungshaftung vor. Der haftpflichtige Betreiber haftet auch ohne Verschulden und selbst dann, wenn ein Nuklearschaden durch z.B. kriegerische Ereignisse oder terroristische Akte verursacht wird. - Kanalisierung der Haftung auf den Betreiber
Einzig der Betreiber der Kernanlage ist haftpflichtig. Dies erleichtert es den Opfern, ihre Schadenersatzansprüche durchzusetzen. - Deckungspflicht
Der Betreiber muss eine Versicherung in der Höhe von 1 Milliarde Schweizer Franken zuzüglich 10% für Zinsen und Verfahrenskosten (insgesamt 1,1 Mia. Schweizer Franken) abschliessen. - Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Kenntnisnahme (relative) bzw. 30 Jahre ab dem schädigenden Ereignis (absolute Verjährungsfrist). - Spätschaden
Schaden, von dem ein Opfer erst nach Ablauf von 30 Jahren Kenntnis hat, deckt der Bund aus dem Nuklearschadenfonds.
Entschädigung
Ein Nuklearschaden ist bis zu 1,1 Mia. Schweizer Franken durch Versicherungen gedeckt. Für darüberhinausgehenden Schaden haftet der Betreiber einer Kernanlage unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen.
Deckungsgeber
Die Deckung wird hauptsächlich durch private Versicherungen erbracht. Jene Risiken, welche private Versicherer nicht oder nicht vollumfänglich versichern können, werden vom Bund gedeckt. Hierfür bezahlen die Betreiber eine Prämie, die in den Nuklearschadenfonds fliesst.
Grossschaden
Reichen alle vorhandenen Mittel nicht zur Deckung der Schäden aus, so liegt ein sogenannter Grossschaden vor. In diesem Fall kann die Bundesversammlung zur gerechten Verteilung der vorhandenen Mittel eine Entschädigungsordnung aufstellen und der Bund kann zusätzliche Beträge an den nichtgedeckten Schaden sprechen.
International
Die Schweiz ist keinem der heute geltenden internationalen Haftungsabkommen beigetreten.
Mit Deutschland besteht ein bilaterales Abkommen über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie aus dem Jahre 1986, mit welchem der Grundsatz der Gleichbehandlung der Angehörigen beider Staaten geregelt wird.
Die Schweiz hat ein totalrevidiertes Kernenergiehaftpflichtgesetz (KHG) sowie eine totalrevidierte Kernenergiehaftpflichtverordnung (KHV) verabschiedet und die internationalen Übereinkommen von Paris und Brüssel ratifiziert. Damit erhöht sich die Deckungs- bzw. Versicherungspflicht des Betreibers von heute 1 Milliarde Schweizer Franken auf 1,2 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein Betrag von 300 Millionen Euro, welcher durch die Vertragsparteien des Brüsseler Zusatzübereinkommens aufgebracht wird.
Weitere Neuerungen:
- Für gewisse Kernanlagen und für bestimmte Transporte von Kernmaterialien wird die Deckung auf 70 bzw. 80 Mio. Euro herabgesetzt.
- Transporte von Kernmaterialien werden neu getrennt von der Kernanlage versichert.
- Die totalrevidiert KHV statuiert die Methode zur Berechnung der Prämien an die Bundesversicherung.
Die neue Kernenergiehaftpflichtgesetzgebung sowie das revidierte Pariser Übereinkommen sollen per 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt werden.
Letzte Änderung 17.11.2020