Akteure in der Entsorgung der radioaktiven Abfälle
Der Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager legt die Rollen und Aufgaben der verschiedenen Akteure im Standortsuchverfahren fest. Neben Organisationen mit einem gesetzlichen Auftrag sind das auch Gremien, die speziell für das Verfahren geschaffen wurden. Die Zusammenarbeit all dieser Akteure ist sehr wichtig.
Im Vergleich zum Sachplanverfahren ist der Spielraum zum Einbezug der Akteure im Rahmenbewilligungsverfahren geringer, da er gesetzlich geregelt ist. Daneben gibt es zusätzlich übergeordnete Akteure, die eine Rolle in der Entsorgung der radioaktiven Abfälle haben, die weder ins Standortsuchverfahren noch ins Rahmenbewilligungsverfahren einbezogen sind. Diese sind hier ebenfalls aufgelistet.
Bundesamt für Energie (BFE)
Das BFE ist das federführende Amt und die verfahrensleitende Behörde für das Standortsuchverfahren gemäss Sachplan geologische Tiefenlager (SGT) wie auch für das Bewilligungsverfahren nach Kernenergiegesetz (KEG). Das BFE verantwortet die Projektführung, legt die Vorgaben und die Aufgaben der am Sachplanverfahren beteiligten Ämter und Institutionen fest und verfasst Ergebnisberichte. Es führt zudem die Anhörungs- und Mitwirkungsverfahren durch, informiert die Öffentlichkeit und ist für die Finanzplanung verantwortlich. Es ist Ansprechpartner der Kantone und gewährleistet die regionale Partizipation.
Beirat Entsorgung
Der Beirat Entsorgung wird vom alt Nationalrat Martin Landolt geleitet.
Der Beirat Entsorgung berät das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beim Standortsuchverfahren für geologische Tiefenlager. Durch seine Unabhängigkeit und seine Situierung auf nationaler Ebene bringt er eine Aussensicht in das Verfahren ein. Er soll den Dialog unter allen Beteiligten fördern und mithelfen, Prozessrisiken und -blockaden frühzeitig zu erkennen sowie bei allfälligen Konflikten vermitteln.
Die Mitglieder des Beirats sind:
Martin Landolt, alt Nationalrat, Präsident Beirat
Herbert Bühl, Naturwissenschaftler ETH, Alt Regierungsrat, ehemaliger Präsident der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission ENHK
Anna Deplazes Zemp, Molekularbiologin und Bioethikerin an der Universität Zürich
Klaus Fischer-Appelt, Geologe, Professor am Lehrstuhl für Endlagersicherheit der RWTH Aachen University
Philipp Hänggi, Physiker, Leiter Produktion und Mitglied der Konzernleitung der BKW AG
Lisa Stalder, Sprach- und Medienwissenschaftlerin und Journalistin
Für die Umweltorganisationen ist ein Sitz im Beirat Entsorgung reserviert. Bisher verzichteten diese auf eine Einsitznahme.
Das ENSI ist die unabhängige Aufsichtsbehörde des Bundes für die nukleare Sicherheit und Sicherung der schweizerischen Kernanlagen. Es beaufsichtigt die schweizerischen Kernkraftwerke, Zwischenlager für radioaktive Abfälle sowie nukleare Forschungseinrichtungen. Sein Aufsichtsbereich reicht von der Projektierung über den Betrieb bis zur Stilllegung der Anlagen und zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Zu den Aufgaben zählen auch der Strahlenschutz von Personal und Bevölkerung sowie die Sicherung, also der Schutz vor Sabotage und Terrorismus. Weiter befasst sich das ENSI mit den Transporten radioaktiver Stoffe von und zu den Kernanlagen sowie mit den erdwissenschaftlichen Untersuchungen im Hinblick auf die geologische Tiefenlagerung der radioaktiven Abfälle. Im Sachplan- und Rahmenbewilligungsverfahren ist das ENSI für die Prüfung und Beurteilung sicherheitstechnischer Aspekte zuständig. Es prüft insbesondere die Rahmenbewilligungsgesuche für das geologische Tiefenlager und die Verpackungsanlage.
Die KNS nimmt zuhanden des ENSI, des UVEK und des Bundesrats Beratungsaufgaben über grundsätzliche Fragen der Sicherheit wahr und verfasst Stellungnahmen zu den Gutachten des ENSI in den drei Etappen des Sachplans sowie im Rahmenbewilligungsverfahren. Sie besteht aus nebenamtlichen Mitgliedern, die in für die nukleare Sicherheit wichtigen Gebieten der Wissenschaft und Technik sachkundig sind.
Die EGT setzt sich aus Fachleuten des Hochschulbereichs und der Privatwirtschaft zusammen, die in keinem Auftragsverhältnis zu den Projektanten geologischer Tiefenlager stehen. Im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager und der Bewilligungsverfahren unterstützt die EGT das ENSI bei Fragen zur sicherheitstechnischen Beurteilung, verfasst Stellungnahmen, arbeitet mit im Technischen Forum Sicherheit und berät das ENSI beim Einbezug von Expertinnen und Experten. Die EGT hat 2012 die Rolle der aufgelösten Kommission Nukleare Entsorgung (KNE) im Sachplan geologische Tiefenlager übernommen. Ihr gehören derzeit 8 Mitglieder an.
Das TFS diskutiert und beantwortet technische und wissenschaftliche Fragen zu Sicherheit und Geologie aus der Bevölkerung, von Gemeinden, Standortregionen, Organisationen, Kantonen und Gemeinwesen betroffener Nachbarstaaten. Es wird vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) geleitet.
Weitere Bundesämter wie das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) unterstützen das BFE. Die raumplanerischen Aspekte werden vom ARE, die Umweltaspekte vom BAFU geprüft und beurteilt. Swisstopo unterstützt das ENSI bei geologischen Fragen im Sachplanverfahren.
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra)
Die Genossenschafter der Nagra sind die Entsorgungspflichtigen, also die Betreiber der Kernkraftwerke, die Zwischenlager Würenlingen AG und der Bund (verantwortlich für die Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung). Die Nagra schlägt gemäss den Vorgaben des Konzeptteils geologische Standortgebiete und oberirdische Standorte vor und reicht die Bewilligungsgesuche ein. Die Erzeuger/innen von radioaktiven Abfällen sind verpflichtet, die Kosten der Entsorgung zu übernehmen (Verursacherprinzip). Deshalb bezahlt die Nagra verschiedene anfallende Kosten. Sie übernimmt die Finanzierung der regionalen Partizipation, vergütet pauschal die Kosten, die bei den Standortkantonen anfallen und entschädigt die kantonale Expertengruppe Sicherheit. Weiter kommt sie auf für die Kosten von Studien zu soziökonomischen Auswirkungen sowie die Personalkosten beim Bund.
Die Kantone sind in unterschiedlichem Ausmass in den Verfahren beteiligt. Alle Kantone sind verpflichtet, die nötigen raumplanerischen Informationen und Grundlagen zur Verfügung zu stellen. Die zuständigen Regierungsmitglieder der Standortkantone und der in unmittelbarer Nähe der Standorte liegenden Kantone tauschen sich darüber hinaus im Ausschuss der Kantone (AdK) untereinander und mit dem angrenzenden Nachbarstaat Deutschland aus. Zu Beginn des Verfahrens waren sieben Kantone beteiligt. Neben den in Etappe 3 verbliebenen Kantonen Zürich, Aargau und Schaffhausen waren dies Nid- und Obwalden, Solothurn und Thurgau. Der AdK begleitet den Bund bei der Durchführung des Auswahlverfahrens und gibt zuhanden des Bundes Empfehlungen ab. Alle Standort- und Nachbarkantone arbeiten mit dem Bund zusammen, unterstützen ihn in der Durchführung des Auswahlverfahrens und koordinieren die Verfahren für die nötigen Anpassungen der kantonalen Richtpläne sowie die Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Für die Expertise und Beratung in Sachen Sicherheit haben die Standortkantone zudem die Arbeitsgruppe Sicherheit Kantone (SiKa) und die Kantonale Expertengruppe Sicherheit (KES) gegründet.
Aufgrund der Grenznähe fast aller Standorte, die im Sachplan als mögliche Optionen ausgewiesen wurden, ist Deutschland seit jeher stark in die Verfahren eingebunden. Im Rahmenbewilligungsverfahren ist Deutschland den Standort- und Nachbarkantonen gleichgestellt und an der Mitwirkung beteiligt. Deutschland ist auf allen Staatsebenen involviert: auf Bundesebene durch das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) und das zuständige Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) sowie auf Landesebene durch Baden-Württemberg. Wurden bis zur Einreichung des Rahmenbewilligungsgesuches noch drei Landkreise beteiligt, ist es heute auf dieser Ebene noch derjenige von Waldshut. Auf kommunaler Ebene werden heute sechs grenznahe Gemeinden einbezogen, die in der Regionalkonferenz Nördlich Lägern oder in der Arbeitsgruppe Verpackungsanlage Tiefenlager partizipieren. Bis zur Einreichung waren es noch bis zu neun weitere deutsche Gemeinden. Deutschland hat zwei Fachstellen geschaffen: die Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST), angesiedelt beim Landratsamt Waldshut und die Expertengruppe Schweizer Tiefenlager (ESchT), angesiedelt beim BMUV.
Gemeindevertretende, organisierte Interessengruppen und die interessierte Bevölkerung der möglichen Standortregionen bringen die regionalen Standpunkte ins Verfahren ein. Zu Beginn von Etappe 2 wurden zu diesem Zweck in allen sechs von der Nagra vorgeschlagenen Standortregionen Regionalkonferenzen gegründet. Sie diskutierten die Standortvorschläge der Nagra an der Oberfläche und setzten sich auseinander mit Themen der Sicherheit, der möglichen Auswirkungen des Tiefenlagers auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft sowie mit der Förderung der nachhaltigen regionalen Entwicklung. Nachdem die Nagra im September 2022 verkündete, die Standortregion Nördlich Lägern (NL) als Standort des Tiefenlagers zu beantragen, lösten sich die zwei Regionalkonferenzen Jura Ost und Zürich Nordost auf. Die anderen drei Regionalkonferenzen Jura-Südfuss, Südranden und Wellenberg lösten sich bereits gegen Ende von Etappe 2 auf. Da die Nagra die Brennelementverpackungsanlage nicht am Standort des Tiefenlagers, sondern beim Zwischenlager in Würenlingen plant, wurde die Arbeitsgruppe Verpackungsanlagen geologisches Tiefenlager (AG VA GTL) ins Leben gerufen. Sie umfasst die Standortgemeinde Würenlingen, deren Nachbargemeinden sowie die betroffenen Planungsträger, auch auf deutscher Seite. Dieses Gremium ist das kleinere Pendant zur Regionalkonferenz NL und vertritt die regionalen Anliegen der Betroffenen rund um die Verpackungsanlage.
Arbeitsgruppe des Bundes für die nukleare Entsorgung (Agneb)
Die Agneb hat den Auftrag, die Arbeiten zur nuklearen Entsorgung in der Schweiz zu verfolgen, zuhanden des Bundesrats Stellungnahmen zu erarbeiten, die Bewilligungsverfahren auf Bundesebene zu begleiten und Fragen der internationalen Entsorgung zu behandeln.
In der Agneb vertreten sind das ENSI, die Bundesämter für Energie (BFE), Gesundheit (BAG), Umwelt (BAFU), Raumentwicklung (ARE), swisstopo sowie die Forschung (Paul Scherrer Institut, PSI). Eine Vertretung der Nagra wird fallweise zu den Sitzungen beigezogen.
Die Arbeitsgruppe erstattet dem UVEK jährlich Bericht. Sie gibt Auskunft über ihre Tätigkeiten und zu den Forschungstätigkeiten der Mitgliederorganisationen der Agneb im Bereich der Entsorgung. Zudem wird der aktuelle Stand zum Umgang mit den Empfehlungen der KNS im Bereich der Entsorgung dokumentiert.
Die Publikationen finden Sie weiter unten.
Stilllegungs- und Entsorgungsfonds
Die Stilllegungskosten sowie die nach Ausserbetriebnahme der Kernkraftwerke anfallenden Kosten für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle werden mit Beiträgen der Kernkraftwerkbetreiber in zwei unabhängige Fonds, den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds für Kernanlagen (STENFO), sichergestellt. Der Stilllegungsfonds wurde 1984 und der Entsorgungsfonds im Jahr 2000 gegründet. Die beiden Fonds sind rechtlich selbständig und unabhängig von den Entsorgungspflichtigen. Die Höhe der Beiträge, welche die Betreiber der Kernkraftwerke in die Fonds einzahlen, werden alle fünf Jahre mittels einer Kostenstudie neu festgelegt.