Wer elektrische Anlagen (z.B. Stromleitungen, Transformatoren- und Schaltstationen) erstellen oder ändern will, benötigt grundsätzlich eine Plangenehmigung. In Ausnahmefällen kann eine elektrische Anlage ohne Plangenehmigung erstellt oder geändert werden.
Instandhaltungsarbeiten und geringfügige technische Änderungen an elektrischen Anlagen können ohne Plangenehmigung ausgeführt werden, wenn dabei keine besonderen Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. Im Zweifelsfall entscheidet das ESTI über die Bewilligungspflicht.
Als Instandhaltungsarbeiten gelten sämtliche Arbeiten, die dazu dienen, den Bestand einer Anlage im genehmigten Umfang sicherzustellen. Technische Änderungen gelten nur dann als geringfügig, wenn sie das äussere Erscheinungsbild der Anlage nicht wesentlich verändern. Die entsprechenden Arbeiten und Änderungen sind in den Rechtsgrundlagen umschrieben.
Ein Sonderfall gilt für die Erstellung und die Änderung von Anlagen der Niederspannungsverteilnetze (z.B. Hausanschlüsse). Sofern sich solche Anlagen in einem Schutzgebiet nach eidgenössischen oder kantonalen Recht befinden, unterliegen sie der Plangenehmigungspflicht. Alle übrigen Anlagen der Niederspannungsverteilnetze werden vom ESTI anlässlich der regelmässigen Inspektionen genehmigt.
Genehmigungsbehörde ist das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI) bzw. das BFE, falls das ESTI Einsprachen oder Differenzen mit Bundesbehörden nicht ausräumen kann.
Im Plangenehmigungsverfahren (PGV) wird überprüft, ob ein konkretes Bauprojekt den Sicherheitsvorschriften und weiteren gesetzlichen Anforderungen, insbesondere des Umwelt- und Raumplanungsrechts sowie des Natur- und Heimatschutzes, entspricht. Zudem können Betroffene (z.B. Grundeigentümer/innen, Anwohner/innen) ihre Rechte geltend machen.
Mit der Plangenehmigung werden sämtliche zur Realisierung des vorgelegten Projektes erforderlichen Bewilligungen erteilt. Weitere Bewilligungen von Bund oder Kantonen sind nicht erforderlich.
Der Ablauf des PGV ist unterschiedlich, je nachdem, ob das ordentliche oder vereinfachte PGV durchgeführt wird.
Die unten geschilderten Verfahrensschritte beziehen sich auf das ordentliche PGV. Dieses wird im Regelfall durchgeführt. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein vereinfachtes PGV durchgeführt werden kann. Die Vereinfachung besteht darin, dass die amtliche Publikation und die öffentliche Auflage entfallen. Stattdessen wird die Planvorlage den Betroffenen zur Stellungnahme unterbreitet, soweit sie nicht vorher schriftlich ihre Einwilligung zu den Plänen gegeben haben. Die Genehmigungsbehörde kann bei den betroffenen Kantonen und Gemeinden eine Stellungnahme zum Projekt einholen.
Das vereinfachte Plangenehmigungsverfahren wird angewendet
- bei örtlich begrenzten Vorhaben mit wenigen, eindeutig bestimmbaren Betroffenen,
- bei Änderungen von Anlagen, die das äusseres Erscheinungsbild nicht wesentlich verändern, die keine schutzwürdigen Interessen Dritter berühren und sich nur unerheblich auf Raum und Umwelt auswirken,
- bei Anlagen, die spätestens nach drei Jahren wieder entfernt werden oder die der Baustromversorgung dienen,
- für Detailpläne, die sich auf ein bereits genehmigtes Projekt stützen.
Ablauf ordentliches Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen
Die gesuchstellende Unternehmung – in der Regel eine Netzbetreiberin – arbeitet ein konkretes Projekt aus und reicht das Plangenehmigungsgesuch beim ESTI ein. Die Gesuchsunterlagen müssen alle Angaben enthalten, die für die Beurteilung des Projektes notwendig sind, insbesondere eine Begründung des Bedarfes, Angaben über sicherheitsrelevante Aspekte, über Auswirkungen auf die Umwelt und die Landschaft und über die Abstimmung mit der Raumplanung. Das Plangenehmigungsgesuch enthält zudem diverse Pläne. Das ESTI hat die Projektunterlagen, welche für das Plangenehmigungsgesuch konkret erforderlich sind, in Richtlinien definiert.
Elektrische Leitungen mit einer Spannung von weniger als 220 kV sind als Erdkabel auszuführen, soweit dies technisch und betrieblich möglich ist, die Zugänglichkeit jederzeit innert üblicher Frist gewährleistet werden kann und die Gesamtkosten für eine Verkabelung im Vergleich zu den Gesamtkosten der Ausführung als Freileitung einen bestimmten Faktor (Mehrkostenfaktor) nicht übersteigen. Die gesuchstellende Unternehmung hat den Mehrkostenfaktor zu ermitteln und die entsprechenden Angaben den Gesuchsunterlagen beizulegen. Hierfür hat sie den vom Bundesamt für Energie entwickelten Leitfaden mit Excel-Datei zu verwenden.
Nach Einreichung des Plangenehmigungsgesuches beauftragt das ESTI die betroffenen Kantone mit der amtlichen Publikation des Gesuchs. Die Gesuchsunterlagen werden während 30 Tagen in den vom Projekt betroffenen Gemeinden öffentlich aufgelegt. Geplante Veränderungen im Gelände und Gebäude werden durch Profile sichtbar gemacht. Die Kantone sowie die betroffenen Fachbehörden des Bundes - z.B. das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und das Bundesamt für Kultur (BAK) - werden zur Stellungnahme eingeladen.
Natürliche und juristische Personen, die durch das Projekt in ihren schutzwürdigen Interessen besonders berührt sind, sind berechtigt, im Plangenehmigungsverfahren während der 30 Tage dauernden öffentlichen Auflage Einsprache zu erheben. Das gleiche Recht haben auch Gemeinden und gewisse, vom Bundesrat bezeichnete Umweltschutzorganisationen. Gleichzeitig mit der Einsprache müssen sie auch sämtliche enteignungsrechtlichen Einwände sowie ihre Entschädigungsbegehren geltend machen. Wer keine Einsprache erhebt, ist vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Einsprechende gelten als Partei und können im Plangenehmigungsverfahren Parteirechte ausüben. Sie haben beispielsweise das Recht auf Akteneinsicht und können Anträge stellen. Zudem können sie gegen die Plangenehmigungsverfügung Beschwerde erheben.
Die betroffenen Kantone erhalten die Möglichkeit, innert drei Monaten zum Plangenehmigungsgesuch Stellung zu nehmen. Sie können gestützt auf Bundesrecht oder kantonales Recht Anträge stellen. Kantonales Recht ist jedoch nur zu berücksichtigen, soweit es die Gesuchstellerin in der Erfüllung ihrer Aufgabe nicht unverhältnismässig einschränkt.
Die Fachbehörden des Bundes beurteilen das Projekt aus ihrer Sicht und stellen bei Bedarf Anträge.
Das ESTI würdigt die eingegangenen Stellungnahmen, erhebt die notwendigen Beweise und ordnet nötigenfalls Begehungen an. Es versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln und führt allenfalls Einspracheverhandlungen durch.
Gelingt dem ESTI die Vermittlung, erlässt es die Plangenehmigungsverfügung. Kann innerhalb von sechs Monaten nicht mit allen Einsprechenden und Behörden eine Einigung erzielt werden, so überweist das ESTI die Unterlagen mit einem Bericht über den Stand des Verfahrens dem BFE zum Entscheid.
Das BFE legt den Einsprechenden und den Bundesbehörden, mit denen keine Einigung erzielt werden konnte, den Bericht des Inspektorats zur Stellungnahme vor. Es kann zusätzliche Beweise erheben, Begehungen anordnen und Einspracheverhandlungen durchführen.
Allfällige Differenzen zwischen dem BFE als Leitbehörde und einer Fachbehörde des Bundes oder zwischen verschiedenen Fachbehörden müssen in einem Differenzbereinigungsverfahren ausgeräumt werden.
Mit der Plangenehmigungsverfügung entscheidet das BFE über die Einsprachen und die Anträge der Behörden. Es kann die Plangenehmigung mit Bedingungen und Auflagen erteilen oder die Genehmigung verweigern. Sofern die gesuchstellende Unternehmung Enteignungen beantragt hat, entscheidet das BFE auch, ob das Enteignungsrecht erteilt wird oder nicht.
Die Plangenehmigung des ESTI bzw. des BFE gilt als Baubewilligung. Mit dem Bau der Anlage darf erst begonnen werden, wenn die Plangenehmigungsverfügung in Rechtskraft erwachsen ist, d.h. wenn entweder keine Beschwerde erhoben wird oder diese abgewiesen wird. Ausnahmsweise kann das ESTI oder das BFE den sofortigen Baubeginn für die ganze elektrische Anlage oder für Teile davon gestatten. Dies ist dann möglich, wenn alle Einsprachen erledigt sind und keine Einwände der betroffenen Kantone und der Fachstellen des Bundes mehr vorliegen. Zudem dürfen durch den sofortigen Baubeginn keine irreversiblen Veränderungen entstehen.
Beschwerden gegen die Plangenehmigungsverfügung des ESTI bzw. des BFE müssen innerhalb von 30 Tagen an das Bundesverwaltungsgericht gerichtet werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kann in Fällen, in denen es um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht, wiederum an das Bundesgericht weitergezogen werden. Eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass die Gesuchstellerin mit dem Bau der Anlage nicht beginnen darf. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat hingegen keine aufschiebende Wirkung.
Sofern in der Plangenehmigungsverfügung Rechte enteignet worden sind, wird nach Eintritt der Rechtskraft der Plangenehmigungsverfügung das Schätzungsverfahren bei der Eidgenössischen Schätzungskommission (ESchK) durchgeführt. Ziel dieses Verfahrens ist es, die Entschädigung für die enteigneten Rechte festzulegen. In der Regel ist der Verkehrswert zu entschädigen, zuzüglich allfälliger Kosten, die durch das Enteignungsverfahren beim Enteigneten angefallen sind. Auch die Entscheide der ESchK können mittels Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden.
Dokumente
Bestimmung des Mehrkostenfaktors
- Berechnung des Mehrkostenfaktors gemäss LeV. Leitfaden
(PDF, 1 MB, 30.07.2020) ID: 10068 | 627
- MKFactory. MKF Berechnungstool
(XLSX, 116 KB, 30.07.2020) ID: 10069 | 627
- Anwendung von Artikel 15c EleG im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens
(PDF, 124 KB, 06.05.2020) ID: 10089 | 627
Links
Recht
Letzte Änderung 12.07.2021