Der Wärmebereich macht heute in der Schweiz rund 50% des Energieverbrauchs aus und verursacht mehr als 35% der Treibhausgasemissionen. Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung ist deshalb für die Erreichung des Klimaziels Netto-Null bis 2050 entscheidend. Kombiniert mit dem Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien kann die Auslandsabhängigkeit reduziert und die Versorgungssicherheit gestärkt werden. Das Potenzial ist vorhanden, um bis 2050 den Wärmebedarf der Schweiz vollständig mit erneuerbaren Energien und ohne fossile CO2-Emissionen zu decken. Bei der Komfortwärme (Heizen von Gebäuden und Warmwasser) stehen kosteneffiziente Alternativen und bewährte Technologien zur Verfügung. Auch für die Prozesswärme in der Industrie gibt es Lösungen.
Um das Klimaziel Netto-Null bis 2050 zu erreichen, muss Komfortwärme bis 2050 CO2-frei bereitgestellt werden. Dafür stehen schon heute zahlreiche erneuerbare Alternativen bereit. Anreize für energetische Teil- oder Gesamtsanierungen bieten das Gebäudeprogramm, die Steuerabzüge und die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen.
Wohn- und Dienstleistungsgebäude werden heute noch mehrheitlich mit Heizöl und Erdgas geheizt. Bis 2050 müssen diese Öl- und Gasheizungen durch CO2-freie Heizsysteme wie Wärmepumpen oder thermische Netze ersetzt werden. Heute werden jedoch alte fossile Heizungen zu oft noch durch neue Öl- und Gasheizungen ersetzt.
Die Prozesswärme in der Industrie wird heute noch zu einem grossen Teil mit fossilen Energien erzeugt, was rund 8% der gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz verursacht. Die Energieeffizienz der industriellen Prozesse soll deshalb weiter gesteigert und die erneuerbaren Energien besser integriert werden.
Thermische Netze ermöglichen die Nutzung der standortgebundenen Abwärme, der Wärme aus mit Biomasse betriebenen Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen, der Wärme aus Kehrichtverbrennungs- oder Tiefengeothermieanlagen oder auch die Nutzung des Wärmepotenzials in Seen und Flüssen. Thermische Netze sind ausserdem eine Alternative zu Wärmepumpen und können so dem steigenden Strombedarf für die Wärmeproduktion im Winter entgegenwirken.
Die Produktion von erneuerbarer Energie ist sowohl im Tages- als auch im Jahresverlauf variabel. Auch die Nachfrage nach thermischer Energie ist grossen Schwankungen unterworfen. Um die Produktion und den Verbrauch aufeinander abzustimmen, ist sowohl eine Flexibilisierung der Nachfrageseite (Demand Side Management) als auch ein Ausbau von thermischen Energiespeichern notwendig.
Die für die Dekarbonisierung erforderliche starke Elektrifizierung im Gebäudebereich (Wärmepumpen) wird den Strombedarf erhöhen. Eine Herausforderung ist die Stromnachfrage im Winterhalbjahr dar. Ein rascher Ausbau der inländischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien – insbesondere im Winter – ist daher entscheidend, um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft gewährleisten zu können.
Erneuerbare Gase und synthetische Brennstoffe sind Biogas oder Biomethan, die aus Biomasse hergestellt werden, sowie aus (erneuerbarem) Strom hergestellter Wasserstoff und dessen synthetische Nachfolgeprodukte. Das Potenzial an Biomasse ist in der Schweiz und im Ausland beschränkt. Bei der Herstellung von Wasserstoff und den synthetischen Nachfolgeprodukten kommt es zu hohen Umwandlungsverlusten. Erneuerbare Gase und synthetischen Brennstoffe sollten deshalb nur dort eingesetzt werden, wo es keine erneuerbaren Alternativen gibt.
Die Ausrichtung der Klima- und Energiepolitik auf das Netto-Null Ziel erfordert koordinierte Massnahmen auf den drei Staatsebenen Bund, Kantone und Gemeinden. Für Massnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im Gebäudebereich sind gemäss Bundesverfassung vor allem die Kantone zuständig. Nur wenige Kantone verfügen heute über eine Strategie zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050.
Für die Wärmeversorgung gibt es kein Spezialgesetz auf Bundesebene. Viele Aspekte sind nicht reguliert oder in unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Hinzu kommt, dass vor allem die Kantone für Massnahmen im Gebäudebereich zuständig sind.
Die Transformation des Energiesystems führt zu einem signifikanten Umbau der schweizerischen Infrastruktur. So müssen bis 2050 rund 900’000 fossil betriebene Heizungen durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt und gleichzeitig die Gebäudesanierungsrate deutlich erhöht werden. Die dazu notwendigen Fachkräfte für Planung, Realisation und Betrieb fehlen heute je nach Berufsfeld teilweise, die Kompetenzen sind nicht auf die heutigen Bedürfnisse zugeschnitten und die Komplexität nimmt ständig zu.
Dokumente
- Wärmestrategie 2050
(PDF, 2.6 MB, 01.01.2023) ID: 11255 | 867
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Letzte Änderung 20.08.2024