Gesetzgebung
Besonderes Gefährdungspotenzial
Gibt es neue Unterlagen, auf welche die Kantone sich stützen können, um gemäss Art. 2 Abs. 2 StAV beurteilen zu können, ob ein besonderes Gefährdungspotenzial voraussichtlich vorliegt?
Nein. Für die Beurteilung des besonderen Gefährdungspotenzials gilt bis auf Weiteres das BWG Basisdokument "Unterstellungskriterien" vom Juni 2002, mit Gleichsetzung der Begriffe "besondere Gefahr" und "besonderes Gefährdungspotenzial".
Neue Grundlagen für die Beurteilung des besonderen Gefährdungspotenzials werden jedoch im Rahmen der geplanten Gesamtrevision der Richtlinie und der Basisdokumente erarbeitet. Die Auswahl von Unterstellungskriterien und ihre Definition wird dabei die höchste Priorität erhalten; die entsprechenden Arbeiten sind in den Jahren 2013 bis 2014 geplant.
Müssen für die Geschieberückhaltebecken weiterhin Reinwasserflutwellen zur Beurteilung des besonderen Gefährdungspotenzials verwendet werden?
Ja. Bislang bestehen keine zuverlässigeren Methoden zur Modellierung von Versagensvorgängen an Geschieberückhaltebecken. Das BFE hat die EPFL mit entsprechenden wissenschaftlichen Abklärungen beauftragt; es konnten bisher noch keine neuen Lösungsansätze formuliert werden. Allfällige neuere, gesicherte Resultate werden bei der Revision der Richtlinien berücksichtigt.
Wird bei der Beurteilung, ob bei einer Stauanlage ein besonderes Gefährdungspotenzial vorliegt und sie daher unter Aufsicht gestellt werden muss, die bisherige Annahme des "plötzlichen Verdampfens" eines Absperrbauwerks durch eine realistischere Annahme ersetzt?
Ja. Gemäss Art. 2 Abs. 1 StAV ist neu der "Bruch" des Absperrbauwerks als Ausgangsszenario anzunehmen und nicht der "plötzliche Bruch", von dem in der alten StAV ausgegangen wurde. Diese Feinheit wurde bei der Totalrevision der StAV besprochen und eingeführt.
Nachdem der Kanton Zürich in den letzten Jahren wissenschaftliche Abklärungsarbeiten hat durchführen lassen, hat das BFE im Jahre 2012 einen neuen Forschungsauftrag an die ETHZ erteilt. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts soll eine Simulationsumgebung entwickelt werden, die es ermöglicht, Versagensvorgänge an Absperrbauwerken realitätsnah nachzubilden. Diese Resultate werden in eine weitere Revision des Richtlinienteils über die Unterstellungskriterien, voraussichtlich im Jahre 2017, einfliessen.
Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diese realistischeren Annahmen für die Belange des Notfallkonzeptes nicht gelten werden (vgl. Art. 11 Abs. 3 StAG und Art. 26 Abs. 2 StAV). Die Notfallplanung muss mit anderen Worten immer noch vor dem Hintergrund eines plötzlichen Bruchs der Anlage erfolgen.
Geltungsbereich, Unterstellungsverfahren
Wie schnell wird das BFE über die Unterstellung von Stauanlagen mit geringeren Ausmassen nach Art. 2 Abs. 4 StAV entscheiden, nachdem der Kanton ein besonderes Gefährdungspotenzial vermutet und die entsprechende Meldung nach Art. 2 Abs. 2 StAV gemacht hat?
Dies hängt einerseits sehr stark davon ab, welche Vorarbeiten der Kanton bei der Feststellung, dass ein besonderes Gefährdungspotenzial voraussichtlich vorliegt, schon erbracht hat, wie andererseits auch von der Verfügbarkeit sowie der Qualität der Unterlagen, die für die Prüfung notwendig sind. Der Prozess bis zum Entscheid dürfte aber auf jeden Fall einige Monate beanspruchen.
Da insbesondere der Teil der revidierten Richtlinie über die Unterstellungskriterien in den Jahren 2013/2014 erarbeitet werden soll, empfehlen wir, diese Stauanlagen dem BFE erst ab 2015 zu melden.
Ist das Szenario des Überfliessens eines Geschiebesammlers infolge eines Murgangereignisses in den Richtlinien näher beschrieben?
Nein. In den jetzigen Richtlinien wird für diesen Fall auf spezifische Literatur verwiesen.
Zu welchem Zeitpunkt des Projektstands für einen Neubau oder Umbau stellt sich das BFE seinen Entscheid zur Unterstellung oder Nichtunterstellung nach Art. 2 Abs. 4 StAV vor? Kann das BFE diesen Entscheid bereits bei einem Vorprojekt treffen?
Der Entscheid zur Unterstellung muss spätestens bei der Erteilung der Plangenehmigung vorliegen. Je nach Qualität der Unterlagen und Eindeutigkeit des Falles kann er schon vorher, beispielsweise auf Stufe Vorprojekt, erfolgen.
Es wird auf jeden Fall empfohlen, dieser Frage so früh wie möglich in der Projektierungsphase nachzugehen, so dass das voraussichtliche Resultat des Entscheids in die Projektierung mit einbezogen werden kann.
Es wird schliesslich der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass der Entscheid des BFE zur Unterstellung nach Art. 2 Abs. 4 StAV nicht in jedem Fall notwendig ist, sondern lediglich bei denjenigen Anlagen, welche folgende zwei Voraussetzungen erfüllen:
- die geometrischen Kriterien nach Art. 2 Abs. 1 StAG sind nicht erfüllt;
- der Kanton vermutet ein besonderes Gefährdungspotenzial.
Anlagen, welche die geometrischen Kriterien nach Art. 2 Abs. 1 StAG hingegen erfüllen, brauchen keinen zusätzlichen Unterstellungsentscheid; für sie gelten die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung automatisch. Will die künftige Betreiberin eine Anlage von diesen Bestimmungen ausnehmen, so kommt Art. 2 Abs. 2 Bst. b StAG zusammen mit Art. 3 StAV zur Anwendung.
Für Anlagen schliesslich, welche die geometrischen Kriterien nach Art. 2 Abs. 1 StAG nicht erfüllen und bei welchen der Kanton auch kein besonderes Gefährdungspotenzial vermutet, sind die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung nicht anwendbar. Demzufolge gibt es für solche Anlagen auch keine Aufsichtsbehörde im Sinne des StAG.
Wer beurteilt konkret, ob bei einer Anlage, die aufgrund der geometrischen Kriterien nicht unter die Stauanlagengesetzgebung fallen würde, eine besondere Gefährdung vorliegt?
Es ist Aufgabe der kantonalen Aufsichtsbehörde, aufgrund von Vermutungskriterien eine Erstbeurteilung zu treffen. Sie meldet diejenigen Anlagen, welche aufgrund dieser Vermutungskriterien ein besonderes Gefährdungspotenzial aufweisen, dem BFE. Das BFE fordert alsdann die zur Prüfung notwendigen Unterlagen ein, prüft seinerseits aufgrund von Entscheidungskriterien, ob eine besondere Gefährdung vorliegt und verfügt nötigenfalls nach Einholung der Stellungnahmen von weiteren betroffenen Kantonen die Unterstellung der Stauanlage unter die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung. Das BFE teilt seinen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde mit. Diese beaufsichtigt zukünftig die ihr unterstellte Anlage.
Die Auswahl und die Definition der Vermutungskriterien sowie der Entscheidungskriterien wird im Rahmen der Revision der Richtlinien, namentlich im Richtlinienteil über die Unterstellungskriterien, behandelt.
Gibt es eine Untergrenze für die Unterstellung von Stauanlagen unter den Bestimmungen des StAG?
Nein. Falls eine kleine Anlage die geometrischen Kriterien nach Art. 2 Abs. 1 StAG nicht erfüllt und der betroffene Kanton nicht vermutet, dass ein besonderes Gefährdungspotenzial besteht, wird der Kanton eine solche Anlage dem BFE nicht melden. Die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung sind dann für eine solche Anlage nicht anwendbar, weil die Anlage nicht in den Geltungsbereich nach Art. 2 StAG fällt.
Einige Angaben in den Richtlinien sind auf Seitendämme von Wehren bzw. auf Rückhaltebecken oder Geschiebesammler nicht sinnvoll anwendbar. Werden diese Angaben angepasst?
Ja. Das BFE ist sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass die Ziele in Bezug auf den Schutz vor Naturgefahren nicht mit den Zielen in Bezug auf die Sicherheit der Stauanlagen übereinstimmen. Dadurch können unterschiedliche Anforderungen entstehen.
Diese Aspekte werden im Rahmen der Gesamtrevision der Richtlinie behandelt. Insbesondere müssen die Bemessungskriterien sowie die Aspekte der Notfallplanung für die genannten Anlagen hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden.
Einige Differenzierungen für die vorgenannten Anlagen gibt es jedenfalls bereits heute, z.B. die Ausnahme in Art. 5 StAV betreffend Ablassvorrichtungen, oder die Ausnahme im Basisdokument zur Erdbebensicherheit betreffend die Festlegung der Erdbebenklasse von Rückhaltebecken.
Bau von Stauanlagen
Müssen die Projektanten die Stellungnahmen des BAFU und des BFE separat einholen?
Die Erstellung von Dämmen als Rückhaltebecken ist möglicherweise mit einer Nutzung der entsprechenden Flächen verbunden (Beweidung, Bewirtschaftung). Erfolgen Kompromisse zwischen BFE und BAFU betreffend den unterschiedlichen Schutzzielen?
Nein. Wenn die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung für die Anlage anwendbar sind, müssen die entsprechenden Anforderungen an die Sicherheit von Stauanlagen eingehalten werden. Es erfolgen keine Kompromisse, wenn es um die Sicherheit einer Stauanlage geht.
In der Praxis bedeutet dies, dass der statisch notwendige Querschnitt eines Dammes geschützt und unterhalten werden muss. Ferner muss die Anlage korrekt überwacht werden. Dies kann beispielsweise zur Folge haben, dass der Zugang zu einer Dammfläche nur kleineren Weidetieren gewährt wird oder dass das Bepflanzen der Dammfläche eingeschränkt bzw. untersagt wird.
Wie ist das Vorgehen beim Bau einer neuen Stauanlage zum Schutz vor Naturgefahren, für welche allenfalls finanzielle Unterstützung vom Bund (in der Zuständigkeit des BAFU) gewährt wird?
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) prüft, ob ein Projekt die Anforderungen betreffend Schutz vor Naturgefahren erfüllt. Weiter prüft es, ob die Anforderungen so erfüllt werden, dass finanzielle Unterstützung vom Bund gewährt werden kann. Das BAFU stützt sich aber nicht auf die Stauanlagengesetzgebung und beurteilt auch nicht, ob die geplante Anlage die technischen Sicherheitsanforderungen erfüllt.
Für die Erteilung der Plangenehmigung ist die Genehmigungsbehörde zuständig. In der Regel handelt es sich dabei um die kantonale Leitbehörde, die das Baubewilligungsverfahren durchführt und Fachberichte einholt.
Falls die Bestimmungen der Stauanlagengesetzgebung für die Anlage anwendbar sind, prüft die zuständige Aufsichtsbehörde (Kanton oder BFE) auf Aufforderung der Genehmigungsbehörde hin detailliert, ob die technischen Anforderungen für den Bau der Stauanlage erfüllt werden. Sie teilt der Genehmigungsbehörde das Ergebnis ihrer sicherheitstechnischen Prüfung mit und beantragt allfällige Auflagen für den Bau.
Zusammenfassend prüft das BAFU, ob seine Anforderungen im Sinne des Schutzes der Bevölkerung gegen Naturgefahren eingehalten werden (Schutz gegen häufig eintretende Ereignisse mit schweren Konsequenzen). Dagegen prüft die zuständige Aufsichtsbehörde, ob ihre Anforderungen im Sinne der Verhinderung eines plötzlichen und unkontrollierten Austretens von Wasser eingehalten werden (Schutz gegen sehr seltene Ereignisse mit katastrophalen Auswirkungen).
Falls die Bestimmungen des StAG und der StAV für die Anlage nicht anwendbar sind (weil die geometrischen Kriterien nach Art. 2 Abs. 1 StAG nicht erfüllt werden und der Kanton auch kein besonderes Gefährdungspotenzial vermutet), gibt es keine Aufsichtsbehörde im Sinne des StAG.
Wann muss der Erdbebennachweis erbracht werden?
Der Nachweis der Erdbebensicherheit einer Stauanlage gehört zum Stand der Technik und muss schon im Gesuchsstadium vorliegen. Weitere Nachweissituationen werden im aktuell noch gültigen Basisdokument zum Nachweis der Erdbebensicherheit genannt.
Welche Dokumente müssen im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung an die Bewilligungsbehörde übermittelt werden?
Die StAV enthält keine Liste mit den einzureichenden Dokumenten. Es kann diesbezüglich auf die aktuell noch gültige BWG-Richtlinie vom November 2002 verwiesen werden. Es muss mit den eingereichten Unterlagen der Nachweis erbracht werden, dass die Anforderungen an die technische Sicherheit erfüllt werden.
Welche Behörde ist zuständig für die Erteilung von Bewilligungen?
Baubewilligungsbehörde ist in der Regel die kantonale Behörde. Die kantonale Behörde holt im Rahmen des koordinierten Verfahrens bei der Aufsichtsbehörde eine Stellungnahme zur technischen Sicherheit der geplanten Anlage ein.
Die Zuständigkeit als Aufsichtsbehörde ergibt sich aus Art. 22 und 23 StAG.
Wer ist zuständig für die Qualitätskontrolle beim Bau von Stauanlagen?
Die zuständige Aufsichtsbehörde prüft lediglich die bei ihr eingereichten Dokumente. Das Qualitätsmanagement während der Planung und dem Bau gehört nicht zum Aufgabenbereich der Aufsichtsbehörde.
Welche Behörde ist zuständig für den Hochwasserschutz?
Der Schutz vor Naturgefahren inkl. Hochwasserschutz gehört in den Zuständigkeitsbereich des BAFU bzw. der Kantone. Stauanlagen werden allerdings durch die zuständige Aufsichtsbehörde beaufsichtigt.
Darf die kantonale Genehmigungsbehörde einem Gesuchsteller eine Plangenehmigung (Baubewilligung) für eine projektierte Stauanlage, die die geometrischen Kriterien der Stauanlagengesetzgebung nicht erfüllt, bei der sie aber ein besonderes Gefährdungspotential vermutet, erteilen, bevor das BFE das besondere Gefährdungspotential untersucht hat?
Das BFE empfiehlt den kantonalen Aufsichtsbehörden, die bei einer noch zu genehmigenden Stauanlage ein besonderes Gefährdungspotential vermuten, sich frühzeitig mit dem BFE in Verbindung zu setzen und prüfen zu lassen, ob die Stauanlage der Stauanlagengesetzgebung unterstellt werden muss. Kommt das BFE bei seiner Prüfung zum Schluss, dass eine Unterstellung zu erfolgen hat, kann es dies verfügen (Art. 2 Abs. 2 Bst. a StAG). In Kenntnis der Unterstellungsverfügung kann die kantonale Genehmigungsbehörde in der Plangenehmigung (Baubewilligung) auf Antrag der Aufsichtsbehörde Auflagen gestützt auf die Stauanlagengesetzgebung verfügen.
Erteilt die kantonale Genehmigungsbehörde die Baubewilligung, ohne den Entscheid des BFE abzuwarten, bestehen drei Risiken.
- Verfügt sie keine Auflagen gemäss Stauanlagengesetzgebung und wird die Stauanlage zu einem späteren Zeitpunkt durch das BFE dieser Gesetzgebung unterstellt, so muss die möglicherweise bereits gebaute Stauanlage unter Umständen nachgebessert werden, um die Anforderungen der Stauanlagengesetzgebung zu erfüllen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesuchsteller versuchen würde, den Staat haftbar zu machen, wenn ihm durch das Vorgehen der Genehmigungsbehörde ein finanzieller Schaden entstehen würde. Zu denken ist an Kosten, die infolge des etappierten Baus entstehen.
- Verfügt die Genehmigungsbehörde Auflagen gestützt auf die Stauanlagengesetzgebung, so besteht das Risiko, dass der Gesuchsteller gegen die Baubewilligung Beschwerde führt, weil die Stauanlage noch nicht der Stauanlagengesetzgebung unterstellt ist und die Gesetzgebung daher keine Anwendung findet.
- Verfügt die Genehmigungsbehörde Auflagen gestützt auf die Stauanlagengesetzgebung und akzeptiert der Gesuchsteller den Plangenehmigungsentscheid in der Annahme, das BFE werde die Unterstellung verfügen, so erwächst die Plangenehmigung (Baubewilligung) in Rechtskraft. Kommt das BFE bei seiner späteren Prüfung zum Schluss, dass kein besonderes Gefährdungspotential vorliegt, so findet die Stauanlagengesetzgebung keine Anwendung. Da die Genehmigungsbehörde den Gesuchsteller aber bereits zu baulichen Anpassungen verpflichtet oder ihm andere Auflagen gestützt auf die Stauanlagengesetzgebung gemacht hat, muss der Gesuchsteller diese aufgrund der Rechtskraft der Plangenehmigung erfüllen, auch wenn sie infolge des Nicht-Unterstellungsentscheids des BFE nicht nötig wären. Es besteht in dieser Konstellation das Risiko, dass der Gesuchsteller entweder die Revision der Plangenehmigung beantragt resp. ein ihr entsprechendes kantonales Rechtsmittel ergreift oder, falls er bereits gebaut hat, den Staat für den ihm finanziell entstandenen Schaden haftbar macht.
Es kann sein, dass der Gesuchsteller von sich aus die Anforderungen der Stauanlagengesetzgebung einhalten will und ein Projekt zur Bewilligung einreicht, das die Anforderungen der Stauanlagengesetzgebung erfüllt. In dem Fall sind die o.g. Risiken nur theoretischer Natur.
Zusammengefasst empfiehlt es sich, den Entscheid des BFE abzuwarten, bevor die Plangenehmigung erteilt wird. Das BFE ist nach Möglichkeit schon in der Vorprojektphase einzubeziehen.
Inbetriebnahme, Betrieb, Überwachung
Erhalten die Betreiberinnen ein Feedback der Aufsichtsbehörde zu den eingereichten Jahresberichten?
Formelles Feedback: Die formelle Prüfung der Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass der Inhalt der Jahresberichte den Vorgaben der Überwachungsreglemente entspricht. Werden dabei Unvollständigkeiten festgestellt, erhalten die Betreiberinnen eine entsprechende Rückmeldung mit der Bitte um Vervollständigung. Im übrigen erhalten die Betreiber keine Empfangsbestätigung; das Mahnwesen der Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass alle Jahresberichte eingereicht werden.
Materielles Feedback: Die Aufsichtsbehörde prüft die ihr zugestellten Jahresberichte der durch die Betreiberin beauftragten Fachperson auch fachlich. Falls die Aufsichtsbehörde eigene Kommentare anbringen oder einzelne Empfehlungen der Fachperson hervorheben will, erhalten die Betreiberinnen eine entsprechende Rückmeldung. Ansonsten erhalten die Betreiber keine Rückmeldung seitens der Aufsichtsbehörde.
Wie sollen in den Richtlinien zur Stauanlagengesetzgebung die Qualität der geodätischen Messungen, Auswertungen und die grafische Aufbereitung der Resultate sichergestellt werden?
Das BFE erkennt die Notwendigkeit, präzisere Anforderungen an die o.g. Aspekte zu stellen. Das STK (Schweizerische Talsperrenkomitee) hat im Jahr 1993 einen Bericht zur Geodäsie publiziert ("Geodätische Deformationsmessungen für die Überwachung der Stauanlagen") und veröffentlicht im Jahr 2013 einen weiteren Bericht zu diesem Thema ("Geodäsie für die Überwachung von Stauanlagen"). Die in der Frage angesprochenen Aspekte sind jedoch weiterhin ungenügend abgedeckt. Wie diese Lücke geschlossen werden kann, ist zur Zeit unbekannt.
Besteht eine Empfehlung zur Teilnahme der Aufsichtsbehörden an der Prüfung der Entlastungsvorrichtung?
Das BFE empfiehlt, die Inspektionen der Aufsichtsbehörde nach Möglichkeit so anzusetzen, dass die Aufsichtsbehörde gleichzeitig an den Funktionsprüfungen teilnehmen kann.
Bestehen Formanforderungen, welche bei der Erstellung der Reglemente beachtet werden müssen?
Für Notfall-, Überwachungs- und Wehrreglement müssen drei separate Dokumente erstellt werden. Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen kann auf die zur Zeit noch geltende BWG-Richtlinie und die Basisdokumente verwiesen werden.
Besteht ein Versicherungsobligatorium für Stauanlagenbetreiber?
Gestützt auf die Bundesgesetzgebung besteht kein derartiges Versicherungsobligatorium. Die Kantone können jedoch ein solches einführen, wie dies vereinzelt bereits erfolgt ist. Jedenfalls dürfen die Betreiber freiwillig eine Haftpflichtversicherung abschliessen.
Notfallkonzept
Hat die Bevölkerung ein Einsichtsrecht in Evakuationspläne?
Ja, gemäss Art. 27 Abs. 2 StAV.
Müssen sich die Expertinnen oder Experten nach Art. 18 StAV auch mit der Notfallplanung befassen?
Der zwingende Einsatz der Expertin oder des Experten ist nur im Rahmen der fünfjährlichen Expertisen nach Art. 18 StAV nötig. Daneben können sie als Fachperson für spezielle Abklärungen und Zweitmeinungen, beispielsweise auch für Fragen der Notfallplanung, beigezogen werden.
Können die Gemeinden und der Kanton etwas zum Notfallkonzept sagen?
Bei der Erarbeitung des Notfallkonzepts muss auf die bereits bestehende und vorgesehene Planung der kantonalen und kommunalen Führungsstäbe geachtet werden.
Richtlinien
Wann erscheinen die Details zum Notfallreglement?
Die Arbeiten am Richtlinienteil zum Notfallreglement haben eine hohe Priorität. Sie sind im Zeitraum 2013 / 2014 geplant.
Wer wird für die geplante Überarbeitung der Richtlinien beigezogen?
Die Kerngruppe zur Revision der Richtlinien setzt sich aus den Leuten der früheren AG zur Totalrevision der StAV zusammen, neu ergänzt mit Vertretern der ETHZ und der EPFL. Einsitz nehmen nebst Vertretern des BFE also Vertreter der Kantone, der Hochschulen ETHZ und EPFL sowie der Wirtschaft.
Wird es Vorlagen für das Notfallreglement geben?
Die zuständige Arbeitsgruppe wird sich mit dieser Frage befassen. Weil das Interesse daran offensichtlich da ist und eine Vereinheitlichung der Notfallreglemente sinnvoll erscheint, geht das BFE davon aus, dass entsprechende Vorlagen zur Verfügung gestellt werden.
Welche Anforderungen gelten bis zur Erstellung der revidierten Richtlinien?
Grundsätzlich gelten bis zum Erscheinen der neuen Richtlinien die Anforderungen der bestehenden Richtlinien weiter. Sie können zur Planung neuer Anlagen herangezogen werden.
Arbeitet der Bund ein Papier aus, welches speziell den Umgang mit den kleinen Stauanlagen regelt?
Tatsächlich steht innerhalb der Kerngruppe zur Revision der Richtlinien bereits eine allfällige Vollzugshilfe für die kantonale Aufsicht im Gespräch. Die Alternative dazu wäre eine konsequentere Differenzierung innerhalb der Richtlinien, wo eine solche notwendig erscheint. Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Auf jeden Fall sollen die Eigenheiten der kleineren Anlagen hervorgehoben werden.
Erhalten die Kantone Gelegenheit, zu den neuen und überarbeiteten Richtlinien Stellung zu nehmen?
Von Anfang an sollen Kantonsvertreter systematisch in den einzelnen Unterarbeitsgruppen zur Revision der Richtlinie Einsitz nehmen. Umgekehrt wird von den Kantonen erwartet, dass sie sich via die Vertreter informieren lassen und diesen ihre Bemerkungen zu Handen der Unterarbeitsgruppen mitteilen.
Oberaufsicht des BFE, Zuständigkeiten der Kantone
In welcher Form will das BFE von den Kantonen über deren Inventar der kleinen Anlagen informiert werden?
Dazu können die gleichen Tabellen benutzt werden, mit welchen die kantonalen Aufsichtsbehörden dem BFE bereits im Jahr 2010 diese Daten mitgeteilt haben.
Wie stellt sich das BFE den jährlichen Bericht der Kantone über ihre Aufsichtstätigkeit vor?
Die inhaltlichen Anforderungen an diesen Bericht werden in einer Vollzugshilfe für die kantonalen Aufsichtsbehörde präzisiert. Diese Vollzugshilfe wird im Rahmen oder parallel zur Revision der Richtlinien erarbeitet.
Kann die gleiche kantonale Stelle gleichzeitig Betreiber wie auch Aufsichtsbehörde sein?
Diese Frage ist in der bestehenden Gesetzgebung nicht geregelt und muss durch die kantonale Stelle beantwortet werden, die für die Behördenorganisation zuständig ist. Dem BFE fehlt die Kompetenz, diesen Punkt zu entscheiden.
Übergangsbestimmungen
Zum voraussichtlichen Übergang der 30 Anlagen von der Aufsicht des BFE zur kantonalen Aufsicht: Entsprechen diese Stauanlagen zum heutigen Zeitpunkt den Anforderungen von StAG und StAV? Bekommen die Kantone damit auch sämtliche entsprechenden Unterlagen ausgehändigt?
Diese Stauanlagen wurden und werden derzeit vom BFE in Sachen Aufsicht nicht anders gehandhabt als die anderen ihr direkt unterstellten Anlagen. Vereinzelte besondere Überprüfungen und Arbeiten sind demnach allenfalls im Gange, jedoch im Rahmen der normalen Aufsichtstätigkeit.
Die beim BFE vorhandenen Unterlagen gemäss Art. 22 StAV (Aktensammlung) werden den Kantonen abgegeben. Die Frage der gleichzeitigen Übergabe der bisherigen Korrespondenz zwischen BFE und Betreiberinnen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geklärt. Nicht abgegeben werden hingegen persönliche Akten oder Handnotizen der Mitarbeiter des BFE im Zusammenhang mit der bisherigen Aufsichtstätigkeit.
Es wird im Zuge der Übergabe jedenfalls empfohlen, mit den jeweils zuständigen Mitarbeitern des BFE (Sektion Aufsicht Talsperren) Kontakt aufzunehmen und in den Jahren 2013 oder 2014 an einer Inspektion des BFE teilzunehmen.
Es wird hier darauf hingewiesen, dass die im Anhang der Erläuterungen zur revidierten StAV veröffentlichte Liste von 30 Anlagen noch konsolidiert werden muss. Die endgültige Liste kann allenfalls einzelne Anlagen mehr oder weniger enthalten. Dies kann damit zusammenhängen, dass die Werte der Stauhöhe oder des Stauvolumens zum Zeitpunkt der Erstellung der Liste nicht konsolidiert waren.
Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Übergabe dieser Anlagen nach Art. 33 Abs. 4 StAV in der Verantwortung des BFE liegt. Solange die Übergabe vom BFE an die Kantone nicht aktiv erfolgt, bleibt das BFE die zuständige Aufsichtsbehörde.