Bundesrat will mit voller Öffnung des Strommarktes zuwarten

Bern, 04.05.2016 - Der Bundesrat hat heute den Ergebnisbericht zu der von Oktober 2014 bis Januar 2015 durchgeführten Vernehmlassung zum Bundesbeschluss über die volle Strommarktöffnung zur Kenntnis genommen. Aufgrund der kontroversen Vernehmlassungsantworten will er mit der vollen Öffnung des schweizerischen Strommarkts zuwarten. Der Zeitpunkt der vollen Strommarktöffnung soll im Kontext der aktuellen Entwicklungen bei den bilateralen Verhandlungen zu einem Stromabkommen, der Energiestrategie 2050, des Marktumfelds sowie der geplanten Revision des Stromversorgungsgesetzes festgelegt werden.

Im März 2007 verabschiedete das Parlament das Stromversorgungsgesetz (StromVG). Es legte damals fest, dass der Markt in zwei Schritten geöffnet werden sollte: Ab 2009 für grosse Verbraucher mit über 100‘000 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Jahr und fünf Jahre später für sämtliche Stromkonsumentinnen und -konsumenten. Für die Inkraftsetzung des zweiten Schrittes ist ein referendumsfähiger Bundesbeschluss erforderlich (Artikel 34 Absatz 3 StromVG).

Mit dem Bundesbeschluss werden diejenigen Bestimmungen des StromVG in Kraft gesetzt, welche die Grundsätze der vollen Marktöffnung enthalten, sowie die Bestimmungen zur ersten Etappe aufgehoben. Demnach wird im voll geöffneten Strommarkt der Netzzugang allen Marktteilnehmern gewährt, das heisst jeder Kunde kann seinen Stromlieferanten frei wählen. Für Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von weniger als 100‘000 Kilowattstunden besteht weiterhin die Möglichkeit, sich zu regulierten Tarifen vom bisherigen Versorgungsunternehmen mit Strom beliefern zu lassen. Im Rahmen des Bundesbeschlusses können diese Bestimmungen nicht materiell abgeändert werden und es können auch keine weiteren Gesetzesbestimmungen aufgenommen werden.

Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung der vollen Marktöffnung führte der Bundesrat dazu vom 8. Oktober 2014 bis 22. Januar 2015 eine Vernehmlassung durch.

Ergebnisse der Vernehmlassung

Es wurden 140 Stellungnahmen in der Vernehmlassung eingereicht. In 100 Stellungnahmen wurde die volle Marktöffnung begrüsst, von einer Mehrheit (54 Stellungnahmen) allerdings mit gewissen Bedingungen. Hervorgehoben wird in diesen Stellungnahmen der Abstimmungsbedarf mit dem Stromabkommen mit der Europäischen Union, der Energiestrategie 2050 sowie der Revision des StromVG. Zudem werden teilweise flankierende Massnahmen für erneuerbare Energien und die Wasserkraft verlangt. Dazu wären jedoch Änderungen auf Gesetzesebene erforderlich, die jedoch im Rahmen des Bundesbeschlusses über eine volle Strommarktöffnung nicht möglich sind. Eine Minderheit (37 Stellungnahmen) lehnt die volle Marktöffnung ab, da diese die Energiewende in Frage stelle oder die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Elektrizitätsunternehmen verschlechtere.

Bundesrat strebt volle Marktöffnung weiterhin an

Der Bundesrat ist überzeugt, dass die volle Marktöffnung, und damit gleiche Marktbedingungen für alle, insbesondere auch für KMU und die Haushalte, weiterhin anzustreben ist. Angesichts der Vernehmlassungsergebnisse, des aktuellen Marktumfelds und des materiell weit fortgeschrittenen jedoch von den institutionellen Fragen abhängigen Stromabkommens mit der Europäischen Union, will der Bundesrat mit der vollen Marktöffnung zuwarten.

Der Bundesrat hat das UVEK beauftragt, laufend zu prüfen, auf welchen Zeitpunkt die volle Marktöffnung angezeigt ist. Alle relevanten Aspekte wie die anstehende Revision des StromVG sowie die Gesetzgebungsarbeiten an der Energiestrategie 2050 werden berücksichtigt. In Kenntnis dieser Arbeiten und der laufenden Analyse des Marktumfeldes (v.a. Strompreise, EU-Energiebinnenmarkt, etc.) soll 2017 eine Standortbestimmung hinsichtlich der vollen Öffnung des Strommarktes zuhanden des Bundesrates erfolgen. Spätestens wenn sich zielführende Lösungen für den Abschluss des Stromabkommens mit der EU abzeichnen, soll der Entwurf des Bundesbeschlusses über die volle Strommarktöffnung, die eine zwingende Voraussetzung für dieses Abkommen darstellt, dem Parlament überwiesen werden.


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