Energiestrategie 2050: Kurzfristig auf Kurs – langfristige Herausforderungen
Bern, 26.11.2020 - Die kurzfristigen Richtwerte bis 2020 zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Schweiz sind in Griffweite oder bereits erreicht. Das zeigt der heute publizierte dritte Monitoringbericht des Bundesamts für Energie (BFE). Langfristig bestehen jedoch weiterhin grosse Herausforderungen für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Energiestrategie 2050.
Im geltenden Energiegesetz sind für die Jahre 2020 und 2035 Richtwerte zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserkraft sowie zur Senkung des Energie- und Stromverbrauchs festgeschrieben. Das Monitoring der Energiestrategie 2050 beobachtet deren Entwicklung und viele andere Themen und Indikatoren. Der heute publizierte dritte jährliche Monitoringbericht 2020 zeigt die Situation per Ende 2019. Die Auswirkungen der Covid19-Pandemie auf den Energiesektor sind deshalb mit wenigen Ausnahmen noch nicht enthalten.
Stromproduktion aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft)
Die steigt seit 2000 an, seit 2010 hat sich das Wachstum verstärkt. 2019 lag die erneuerbare Stromproduktion bei 4’186 Gigawattstunden (GWh) oder bei 6,2% der gesamten Netto-Elektrizitätsproduktion. Der Richtwert 2020 beträgt 4’400 GWh. Zwischen dem Basisjahr 2010 und 2020 wird ein Zuwachs von 3’000 GWh angestrebt. Davon waren 2019 bereits knapp 93% erreicht. Der Richtwert für 2020 ist damit in Griffweite. Der Richtwert für das Jahr 2035 liegt bei 11‘400 GWh. Um ihn zu erreichen, müsste der jährliche Nettozuwachs bei durchschnittlich rund 451 GWh liegen, also mehr als bisher.
Stromproduktion aus Wasserkraft
2019 lag die mittlere Netto-Produktionserwartung aus Wasserkraft bei 36'137 GWh. Der Richtwert 2035 beträgt 37‘400 GWh. Basisjahr ist hier 2011, bis 2035 wird ein Nettozuwachs von rund 2'000 GWh angestrebt (kein Richtwert 2020 im Gesetz). Davon waren 2019 rund 38% erreicht. Um den Richtwert 2035 zu erreichen, braucht es in den kommenden Jahren einen Nettozuwachs von durchschnittlich 79 GWh pro Jahr, das liegt etwa in der Grössenordnung des bisherigen Zuwachses.
Endenergieverbrauch pro Kopf
Er hat seit 2000 abgenommen. 2019 lag er 19,1% unter dem Basisjahr 2000, witterungsbereinigt beträgt der Rückgang 18,1%. Damit wurde der Richtwert 2020 (-16%) bereits erreicht. Um den Richtwert 2035 (-43%) zu erreichen, muss der witterungsbereinigte Endenergieverbrauch pro Kopf künftig um durchschnittlich 2,2% pro Jahr sinken. Das ist mehr als der mittlere Rückgang in den letzten 10 Jahren (-1,4%).
Stromverbrauch pro Kopf
Dieser nahm bis 2006 zu, seither ist der Trend rückläufig. 2019 lag er 8,3% unter dem Wert von 2000, witterungsbereinigt betrug der Rückgang 8,0%. Auch hier ist der Richtwert 2020 (-3%) bereits erreicht. Um den Richtwert 2035 (-13%) zu erreichen, muss der witterungsbereinigte Stromverbrauch pro Kopf künftig um durchschnittlich 0,4% pro Jahr sinken. Das ist weniger als der mittlere Rückgang in den letzten 10 Jahren (-1,0%).
PV-Anlagen im Eigenverbrauch und intelligente Netzkomponenten
Das Monitoring weist dieses Jahr erstmals auch Indikatoren zu Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) auf, bei denen die Anlagenbetreiber einen Teil des produzierten Stroms selbst verbrauchen. Der Eigenverbrauch ist ein wichtiger Treiber für den Ausbau und die Dezentralisierung der Stromversorgung. Ein besonders hohes Potenzial haben dabei so genannte Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (ZEV) von benachbarten Anlagenbetreibern und Endverbrauchern.
Die Daten basieren auf einer Umfrage bei den Schweizer Stromverteilnetzbetreibern. Demnach gab es Ende 2019 nach provisorischen Angaben inklusive ZEV insgesamt 76’919 PV-Anlagen im Eigenverbrauch (das sind rund 78% aller PV-Anlagen). Ihre installierte Leistung lag bei total 1’278 Megawatt (MW). Sie speisten insgesamt 746'724 Megawattstunden (MWh) Strom ins Verteilnetz ein. Rund 3080 der Anlagen waren in ZEV eingebunden. Mit ihrer installierten Leistung von rund 124 MW speisten sie insgesamt rund 51’000 MWh Strom ins Verteilnetz ein.
Der berechnete Eigenverbrauch der PV-Anlagen (Einzelanlagen und ZEV) lag 2019 bei rund 0,48 Milliarden Kilowattstunden. Das sind etwa 0,8% des Gesamtstromverbrauchs der Schweiz von 57,2 Mrd. kWh im Jahr 2019. Der durchschnittliche Eigenverbrauchsgrad der PV-Anlagen lag bei rund 39%. Soviel wurde also insgesamt direkt vor Ort verbraucht, der Rest wurde ins Verteilnetz eingespeist.
Die wachsende dezentrale Stromerzeugung stellt die Stromnetze vor Herausforderungen. Intelligente Netze (Smart Grid) helfen, diese zu lösen. Eine zentrale Komponente solcher Netze sind intelligente Stromzähler (Smart Meter). 2019 waren nach Angaben der Verteilnetzbetreiber schweizweit rund 944’220 Smart Meter installiert und werden als solche betrieben. Das ist ein Anteil von knapp 17%. Gemäss Stromversorgungsverordnung müssen bis 2027 80% aller Messeinrichtungen Smart Meter sein.
44 Indikatoren in 7 Themenfeldern
Der ausführliche Monitoring-Bericht enthält insgesamt 44 Indikatoren sowie deskriptive Teile in sieben Themenfeldern: Energieverbrauch und -produktion, Netzentwicklung, Versorgungssicherheit, Ausgaben und Preise, energiebedingte CO2-Emissionen, Forschung und Technologie sowie Internationales. Die wichtigsten Indikatoren gibt es auch in einer Kurzfassung. Beide Berichte sind im Internet verfügbar (www.energiemonitoring.ch). Alle fünf Jahre erfolgt zudem eine Berichterstattung des Bundesrats zuhanden des Parlaments. Diese umfasst vertiefende Untersuchungen und eine energiepolitische Standortbestimmung.
Rechtliche Grundlage für das Monitoring: Art. 55ff Energiegesetz, Art. 69ff Energieverordnung sowie Art. 74a Kernenergiegesetz.
Adresse für Rückfragen
Marianne Zünd, Leiterin Medien und Politik BFE, 058 462 56 75
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