Sozioökonomische und ökologische Auswirkungen von Lagern für radioaktive Abfälle: Bund legt Beurteilungsmethodik vor

Bern, 28.05.2010 - Geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle haben wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen auf eine Standortregion. Diese sollen möglichst früh und objektiv identifiziert werden, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken, mögliche Kompensationsmassnahmen zu planen aber auch um die Chancen für positive Entwicklungen nutzen zu können. In Etappe 2 der laufenden Standortsuche für geologische Tiefenlager wird das Bundesamt für Energie (BFE) deshalb ab Mitte 2011 in allen potenziellen Standortregionen eine kantonsübergreifende sozioökonomisch-ökologische Studie durchführen.

Die raumplanerische Beurteilungsmethodik wurde in den letzten rund eineinhalb Jahren als Grundlage für die sozioökonomisch-ökologischen Wirkungsstudie (SÖW) unter Federführung des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie und unter Einbezug von Expertinnen und Experten der Standortkantone und der Nagra erarbeitet. Die methodischen Optionen wurden dabei ausführlich diskutiert und im Rahmen einer 2009 durchgeführten Teststudie in einem fiktiven Standortgebiet überprüft und optimiert. Die nun vorliegende Methodik wird im Rahmen der öffentlichen Anhörung zur Etappe 1 im Spätsommer 2010 öffentlich aufgelegt.

Abgestimmte Methodik gewährleistet Objektivität und Vergleichbarkeit der Resultate

Die SÖW wird nach Abschluss der Etappe 1 ab Mitte 2011 gleichzeitig in allen im Sachplan festgesetzten Standortregionen und über die Kantonsgrenzen hinweg nach der gleichen Methodik durchgeführt. Neben vertiefenden sicherheitstechnischen Abklärungen und partizipativen Prozessen dienen sie dazu, die im Sachplan festgelegten Standortgebiete bis zum Ende von Etappe 2 auf mindestens zwei Standorte pro Abfallkategorie einzugrenzen. Durch die abgestimmte Methodik sind die Objektivität, die Vergleichbarkeit der Aussagen und die Perspektive der jeweils gesamten Standortregion - und nicht nur der einzelnen Kantone - gewährleistet.

Ziel- und Indikatorensystem

Zentraler Bestandteil der Methodik ist ein Ziel- und Indikatorensystem (siehe Faktenblatt). Es legt fest, welche wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers erfasst und wie diese bewertet werden sollen. Dazu wurden für die drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft je zwei Oberziele und mehrere Teilziele formuliert. Die Teilziele umfassen wiederum verschiedene Kriterien und Indikatoren (Messgrössen), mit denen die Wirkungen ermittelt und bewertet werden können. Die Wirkungen werden jeweils für die gesamte Standortregion und über den gesamten Zeitraum der Tiefenlagerprojekte, das heisst vom Beginn der Standortsuche bis zum endgültigen Verschluss der Lager, ermittelt.

Für die sozioökonomisch-ökologische Gesamtbeurteilung der Standorte werden die Indikatoren unterschiedlich gewichtet. Basierend darauf werden die sechs Oberziele bewertet und mit qualitativen Aussagen ergänzt. Beim Standortvergleich wird bewusst auf eine Rangierung der Standorte verzichtet, da dazu eine politische und qualitative Abwägung der Resultate erforderlich ist, die nicht auf der Ebene von wissenschaftlichen Studien erfolgen kann.

Einige Indikatoren, beispielsweise die Bevölkerungsentwicklung, werden auch vom Image einer Region beeinflusst. Image-Wirkungen sind allerdings schwierig messbar, deshalb werden sie aus der Methodik ausgeklammert.

Sachplan geologische Tiefenlager

Im April 2008 verabschiedete der Bundesrat den Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager. Darin sind Verfahren und Kriterien für die Standortsuche festgelegt. Das Auswahlverfahren wird demnach in drei Etappen durchgeführt, die innert 10-12 Jahren zu Standorten für ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (SMA), für ein Lager für hochradioaktive Abfälle (HAA) oder für ein Kombilager für beide Abfalltypen führen sollen. Der Sachplan legt fest, in welcher Etappe welche Untersuchungen (z. B. sozioökonomische Studien oder Umweltverträglichkeitsprüfungen) durchgeführt werden müssen. Oberstes Ziel ist dabei stets die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt. In Etappe 1 der Standortsuche wird vorerst nur die sicherheitstechnische Eignung der sechs potenziellen Standortgebiete Bözberg, Jura-Südfuss, Nördlich Lägeren, Südranden, Wellenberg und Zürcher Weinland betrachtet. Erst in Etappe 2, von Mitte 2011 bis 2014/15, werden auch sozioökonomische und ökologische Kriterien in die Beurteilung einbezogen.

Die laufende Etappe 1 ist weit fortgeschritten: Es liegen alle sicherheitstechnischen Gutachten vor, die provisorischen Standortregionen sind festgelegt ebenso wie die Methodik für die in Etappe 2 durchzuführende sozioökonomischen-ökologische Studie. Das Bundesamt für Energie BFE bereitet die vorliegenden Unterlagen nun für eine dreimonatige Anhörung vor, die im Spätsommer 2010 gestartet wird. Kantone, Nachbarstaaten, Parteien und Organisationen erhalten so Gelegenheit, sich unter anderem zu den Vorschlägen der Nagra und den Behördengutachten zu äussern. Der Bundesrat wird voraussichtlich Mitte 2011 entscheiden, welche Standortgebiete definitiv im Sachplan aufgenommen und damit im weiteren Auswahlverfahren verbleiben.

Weitere Informationen: www.radioaktiveabfaelle.ch > Standortsuche für geologische Tiefenlager


Adresse für Rückfragen

Simone Brander, Fachspezialistin Entsorgung radioaktive Abfälle BFE, 031 325 85 57
Michel Matthey, Sektionschef Planung ARE, 031 322 40 80



Herausgeber

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