Das neue Fördersystem für grünen Strom stösst an seine Grenzen

Bern, 28.11.2008 - In den ersten sechs Monaten nach Anmeldebeginn wurden 5’426 Anlagen für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) angemeldet. Nun liegt die Analyse der bis Ende Oktober 2008 eingegangenen Anmeldungen vor. Sie zeigt, dass das Interesse am neuen Förderinstrument derart gross ist, dass die KEV bereits an ihre Grenzen stösst: Bei der Photovoltaik sind die gesetzlich festgelegten Kostengrenzen erreicht und auch der gesamte Kostendeckel der KEV ist bereits ausgeschöpft. Dank vorsichtiger Überbuchungen der Technologie-Kostendeckel kann zwar eine kurzfristige Entspannung der Situation erreicht werden. Sie sind aber keine definitive Lösung für die absehbare Blockierung des neuen Fördersystems für die grüne Stromproduktion. Das UVEK hat das BFE beauftragt, bis Mitte 2009 Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Seit dem 1. Mai 2008 können Produzenten von erneuerbarem Strom aus Wasserkraft (bis 10 Megawatt), Photovoltaik, Windenergie, Geothermie, Biomasse sowie Abfällen aus Biomasse ihre Anlagen für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) anmelden. Bis Ende Oktober 2008 sind bei der nationalen Netzgesellschaft swissgrid AG, die im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) das Anmelde- und Bescheidverfahren durchführt, 5'426 Anmeldungen eingegangen, rund 3'500 davon alleine am 1. und 2. Mai. Die Zahl der Anmeldungen hat sich mittlerweile bei durchschnittlich 40 Neuanmeldungen pro Woche eingependelt.

Am 1. Januar 2009 beginnt die konkrete Umsetzung: Anlagen, die für das neue Förderinstruments berücksichtigt werden konnten und ihre Inbetriebnahmemeldung bei der swissgrid AG korrekt und fristgerecht eingereicht haben, erhalten ab diesem Zeitpunkt die kostendeckende Einspeisevergütung für den von ihnen ins Netz eingespeisten Strom.

Gesamtdeckel ist ausgeschöpft (siehe Anhang)

Die Anmeldeflut für die kostendeckende Einspeisevergütung zeigt, dass das Potenzial zur Produktion von erneuerbarem Strom in der Schweiz beträchtlich ist. Bereits im August 2008 war das Jahres-Zubaukontingent 2008 für neue Photovoltaik-Anlagen ausgeschöpft. Gemäss Energiegesetz musste das BFE deshalb für die Photovoltaik einen Bescheidstopp verfügen und die swissgrid anweisen, für 2008 keine weiteren positiven Bescheide für Photovoltaik-Anlagen auszustellen. Rund 3'000 dieser Anlagen können vorderhand nicht berücksichtigt werden und wurden auf eine Warteliste gesetzt.

Bei allen anderen Technologien konnten bisher praktisch sämtliche Anmeldungen für die kostendeckende Einspeisevergütung berücksichtigt werden, sofern die Anlagen die gesetzlichen Anforderungen erfüllten.

Das Energiegesetz (EnG, Artikel 7a, Absatz 4) sieht für jede Technologie einen so genannten Kostendeckel vor. Das ist der prozentuale Anteil an der KEV-Gesamtsumme, der einer Technologie höchstens zusteht. Bei der Windenergie und der Biomasse beträgt dieser Teildeckel je maximal 30% der KEV-Gesamtsumme, bei der Wasserkraft 50% und bei der Photovoltaik 5%. Die aktuelle Analyse der Anmeldungen bis Ende Oktober zeigt, dass dieser gesetzlich festgelegte Kostendeckel bei der Windenergie bereits erreicht ist. Bei der Biomasse wird dies in Kürze auch der Fall sein. Insgesamt haben die Kosten für alle Anlagen mit positivem Bescheid die gesetzlich festgelegte KEV-Gesamtsumme bereits erreicht. Damit zeichnet sich eine Blockierung des neuen Fördersystems ab und es droht ein Stopp für den Zubau an Produktionsanlagen für grünen Strom auf Basis der KEV.

Kurzfristige Lösung: Überbuchung der Technologie-Kostendeckel

Die Analyse der Anmeldungen zeigt jedoch, dass zahlreiche Anlagen mehrfach angemeldet wurden. Ebenso liegen Anmeldungen für Grossanlagen vor, insbesondere für grosse Windparks, für die noch keine planerische Grundlage besteht oder die nicht zonenkonform sind. Solche Anlagen werden voraussichtlich nie realisiert. Trotzdem müssen sie vorläufig - mit entsprechendem Vorbehalt - im System berücksichtigt werden. Damit solche "Platzhalterprojekte" die Mittel der Einspeisevergütung nicht unnötig blockieren, lässt das BFE eine vorsichtig kalkulierte Überbuchung der Technologie-Teildeckel zu (Überverpflichtung). Bei der Windenergie wurde die Überbuchung auf  +45%, bei der Biomasse auf +12% und bei der Wasserkraft  auf +7% festgelegt (siehe Anhang).

KEV-Zuschlag 2009: 0,45 Rappen pro Kilowattstunde

Zur Finanzierung der kostendeckenden Einspeisevergütung sieht das Energiegesetz ab dem 1. Januar 2009 einen Zuschlag von maximal 0,6 Rappen pro Kilowattstunde des schweizerischen Strom-Endverbrauchs vor. Im Jahr 2009 beträgt der Zuschlag 0,45 Rp./kWh. Damit kann die Finanzierung der KEV im ersten operativen Jahr sichergestellt werden (siehe Anhang). Nicht alle Anlagen gehen schon am 1. Januar 2009 in Betrieb. Viele müssen zuerst noch gebaut werden und nehmen die Stromproduktion erst im Verlaufe der nächsten Monate und Jahre auf: Je nach Technologie kann die Projektierungs- und Bauphase bis zu acht Jahre dauern. Die Auszahlung der KEV erfolgt erst, wenn tatsächlich Strom ins Netz eingespeist wird.

Je nach Entwicklung des schweizerischen Strom-Endverbrauchs und der Strom-Marktpreise, ist im Jahr 2010 eine Senkung des Zuschlags gegenüber 2009 denkbar. Dies auch, weil ab 2010 ein Teil der Mehrkostenfinanzierung wegfallen wird.

Übergang von der Mehrkostenfinanzierung ("15-Räppler") zur KEV

Vor Einführung der KEV wurde die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien über das System der Mehrkostenfinanzierung mit dem so genannten "15-Räppler" gefördert. Die bestehenden Verträge der Mehrkostenfinanzierung bleiben bis 2025, bei den Wasserkraftwerken bis 2035 gültig. Die Abrechnung erfolgt ab 2009 jedoch über den KEV-Zuschlag und der Abrechnungsrhythmus ändert von einem jährlichen auf einen vierteljährlichen Zahlungsmodus. Durch die Umstellung des Fördersystems ergeben sich im Jahr 2009 einmalig viel höhere Kosten für die Mehrkostenfinanzierung als bisher: Einerseits müssen die Mehrkosten für das gesamte Jahr 2008 erhoben werden, andererseits werden neu bereits die Mehrkosten für 2009 erhoben. Ab 2010 werden diese Mehrkosten wieder im normalen Rahmen anfallen. Die dafür anfallen Kosten werden jedoch sinken, da ein Teil der bisherigen Berechtigten in das KEV-System wechseln müssen.

Ab 2009 tritt zudem das Obligatorium der so genannten "Herkunftsnachweise" für Strom aus erneuerbaren Energien in Kraft. Wer ab 2009 weiterhin Mehrkosten verrechnen will, muss seine Anlage im Herkunftsnachweissystem akkreditieren lassen.

BFE erarbeitet Lösungsvorschläge zur Zukunft der KEV

Die lange Warteliste mit Tausenden von Photovoltaik-Anlagen führte in den letzten Monaten bereits zu mehreren parlamentarischen Vorstössen, die sich für die Aufhebung oder Anhebung des gesetzlich festgelegten Photovoltaik-Kostendeckels, des Gesamtdeckels oder der Zubaukontingente aussprechen. Das BFE hat den zuständigen parlamentarischen Kommissionen Bericht über die Problematik erstattet. Einerseits gilt es, das KEV-System nun starten zu lassen, um praktische Erfahrungen im ersten operativen Jahr sammeln zu können. Andererseits müssen in Anbetracht der absehbaren Blockierung des KEV-Systems politische Entscheide zur Zukunft der KEV gefällt werden. Das BFE wird dazu im Auftrag des UVEK in den nächsten Monaten konkrete Vorschläge ausarbeiten.

Produzenten können auf Ökostrommarkt ausweichen

Wer die KEV bezieht, produziert nicht für seinen Eigenbedarf, sondern verkauft seine Stromproduktion zu kostendeckenden Preisen, mit denen gleichzeitig auch der ökologische Mehrwert des grünen Stroms abgegolten wird.

Anlagenbetreiber, die (noch) nicht von der KEV profitieren wollen oder können, haben die Möglichkeit, ihre Stromproduktion entweder für den Eigenbedarf zu nutzen, den ökologischen Mehrwert auf dem Ökostrommarkt oder an einer Ökostrombörse zu vermarkten oder ihre Stromproduktion zum Marktpreis zu verkaufen. Für den letzteren Fall wird die beratende Kommission für Anschlussbedingungen der erneuerbaren Energien (KAEE) Richtlinien zuhanden der Energieversorger ausarbeiten.


Adresse für Rückfragen

Michael Kaufmann, Vizedirektor BFE, 031 322 56 02
Regula Petersen, Fachexpertin Kostendeckende Einspeisevergütung im BFE, 031 322 56 54



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